Verschmelzungstyp / ängstlicher Bindungstyp im Detail...
Integritycast #46
In diesem Podcast spreche ich mit Johanna Hauck über den Verschmelzungstypen / ängstlichen Bindungstypen. Wir gehen intensiv auf die Struktur ein, berichten von unserer eigenen Erfahrung und welche Lösungsansätze es gibt um das Leiden der Struktur zu überwinden.
Ehrliches Mitteilen in Beziehungen
Integritycast #47
In diesem Podcast sprechen wir über EM/Ehrliches Mitteilen in Beziehungen, unsere Erfahrungen damit und über hilfreiche Tipps.
Dieses Thema begleitet mich schon länger, nun möchte ich versuchen, das in Worte zu fassen. In mir ist eine tiefe Einsamkeit und eine große Sehnsucht nach Sicherheit und Verbundenheit mit
Menschen. Mein Überlebensmodus hingegen will immer Außen suchen und handeln, was kurzfristig zu helfen oder etwas zu lösen scheint. Langfristig aber merke ich, dass die tiefe Trauer und
Einsamkeit immer da sind: der Anteil, der ständig nach Aufmerksamkeit schreit und erst ruhiger wird, wenn ich meine Aufmerksamkeit hingebe oder mich damit einem Gegenüber mitteile.
Das ist aber nur möglich mit Mitmenschen, die mit Ehrlichem Mitteilen oder anderer traumasensibler Arbeit vertraut sind, denn nichts ist schlimmer, als dann so etwas Mitleidiges zu hören oder getröstet zu werden! Denn dann halte ich wieder alles zurück, da ich das nicht möchte. Ich wünsche mir einfach jemanden, der es hören kann und der da ist, oder dass ich erfahre, was es in ihm oder ihr auslöst. Alles andere kommt mir vor wie ein Versuch, meine Einsamkeit weg zu machen. Das passiert leider immer wieder und es lässt mich einsam zurück und wütend. Warum haben wir den Umgang mit der Trauer und Einsamkeit nicht gelernt, warum wird damit umgegangen, als wären wir kleine Kinder, wenn wir uns so fühlen?
Das macht mich so wütend, da ist der Gedanke, die Welt ist nicht bereit für meine große Trauer. Da kommt nun auch Scham. Und der Gedanke: diese Einsamkeit, die nun immer mehr in mir da ist, ist ganz anders als ich mir das vorgestellt habe. Ich dachte immer, ich bin gar nicht einsam, ich komme gut mit mir zurecht, kann super alleine sein. Diese Einsamkeit und Trauer sind so anders, so tief, so emotional und körperlich schmerzhaft, teilweise kaum auszuhalten. Daher vielleicht die tief eingebrannte Idee, sie ist zu viel, da sie sich so unglaublich schmerzhaft in mir anfühlt. Aber einem Gegenüber, das einfach da ist, ist es meistens gar nicht zu viel. Nur meine Scham und Abwehr und die Identifikation damit lassen einen Teil von mir glauben, ich wäre damit zu viel und diesen tiefen Schmerz halte ich dann kaum aus.
Aber wenn er nur mal richtig Raum bekommt, in dieser viel zu schnellen Welt, ist es so ruhig und ich bin dankbar! Dann kann es fließen und nichts ist mehr wichtig, alles kommt zu einer tiefen Ruhe und in Frieden. Dabei gestört zu werden, bringt mich dann aber erst in eine richtig tiefe Wut. Ich habe die Idee, dass dieser friedvolle Zustand eigentlich mein wahres Ich oder meine Seele ist. Wann ist endlich Raum dafür, mit mir und im Kontakt, da ist eine schmerzhafte Sehnsucht nach diesen Momenten!
Schmerzlich aber auch befreiend ist es auch gerade zu merken, dass ich aufhören kann, die Sicherheit im Außen zu suchen. In mir und im Kontakt, da möchte ich mich sicher fühlen. Das ist aber
nichts, das einfach da ist, vielleicht hätte es mal da sein sollen. Aber ich habe es nicht so erlebt, sondern immer nur Unsicherheit, keine Stabilität, Eltern, die ständig ausagiert haben. Es gab
viel Wut und Streit, ständig war was los, bei 4 Geschwistern kein Wunder, keinen sicheren Hafen, den ich mir so sehr immer gewünscht habe. Sicherheit habe ich lange im Außen gesucht und natürlich
nie gefunden - zwar im Laufe meiner Reise immer mehr in meinem Körper und auch ab und an in Partnerschaften oder Freundschaften erlebt, aber schnell wieder verloren oder sehr viel Anstrengung
aufwenden müssen, um wieder in diesen sicheren Zustand zu kommen.
Ich mag es nicht mehr, ich höre auf damit, ich lebe einfach und stelle mich gerade dieser Unsicherheit, lebe von Moment zu Moment. Wo fühle ich mich jetzt gerade sicher, was brauche ich im
Moment. Das ist nicht immer einfach, aber für mich grad der richtige Weg, natürlich ist da schon der Wunsch, wieder etwas wie Heimat zu finden. Da ist eine Sehnsucht, in einer Gemeinschaft zu
leben, die EM praktiziert. Aber vielleicht ist es ganz anders als ich mir das vorgestellt habe, so wie die Partnerschaft, die ganz anders ist als ich mir das vorgestellt habe. Schöner,
anstrengender, fordernder, lebendiger und nährender als alles, was ich bis jetzt kannte.
Da ist Dankbarkeit und unsichere Freude!
Mai 2023
Gerade in letzter Zeit wird mir immer mehr klar, dass ich ein großes Bedürfnis nach Ruhe und Rückzug habe, das ich mir aber kaum traue zu erfüllen. Was natürlich mit meiner Prägung zu tun hat.
Wenn ich mich zurückziehe und meine Ruhe haben möchte, kommt immer schnell ein Schuldgefühl auf, dass es nicht okay wäre, aber auch, dass ich vielleicht Verbindungen verliere.
Dahinter steckt Angst, dass, wenn ich diesem Bedürfnis nach Ruhe nachgehe, meine Distanzierung zu viel für mein Gegenüber sein könnte. Unter dieser Angst ist Wut, also das beim Bedürfnis nach
Abgrenzung/Distanzierung für mein Gegenüber zu einem Bindungsbruch führt. Das ist tief in mir eingeprägt, da meine Bezugspersonen dieses Bedürfnis nicht gesehen und nicht ernst genommen haben. Es
war einsam, wenn ich mich zurückgezogen habe, ich fühlte mich nicht mehr als Teil der Gruppe/Familie oder habe damit sogar die Wut meiner Bezugspersonen oder Geschwister auf mich
gezogen.
Das spüre ich immer noch tief in mein Nervensystem eingeprägt. Dank der guten Kontakte heute, in denen das Raum hat und mein Gegenüber mir mitteilen kann, was in ihm/ihr vorgeht, wird es immer
leichter, das langsam klarer zu sehen und aufzulösen, das ist so berührend für mich. Langsam zu lernen, dass mein Bedürfnis nach Ruhe okay ist, dass niemand ausagiert, wenn ich diesen Raum für
mich brauche, wenn ich keine Kapazitäten mehr habe und mich zurückziehen möchte.
Ohne meine wachsende Kontaktfähigkeit und der meines Gegenübers, würde mir das nicht so bewusst werden. Dafür bin ich so dankbar, das erleben zu dürfen. Aber auch den damit verbundenen Schmerz zu spüren, dass es nicht so war, dass meine Bedürfnisse nicht den Raum hatten, den sie haben sollten. Dass ich nun spüren kann, dass ich manchmal mit allem im Außen überfordert bin und es okay ist, für mich zu sorgen und trotzdem den Kontakt zu haben, den ich dann brauche.
Juni 2023